In vielen Organisationen gilt noch immer: Wer rational plant, hat Recht. Wer abwägt, ist klug. Wer entscheidet, muss sicher sein. Doch was, wenn die Realität diese Sicherheit nicht hergibt? Wenn weder alle Informationen vorliegen, noch klar ist, was morgen passiert?
In komplexen Kontexten versagt klassische Entscheidungstheorie. Dort, wo Ursache und Wirkung nicht mehr linear verbunden sind, hilft keine Checkliste. Es braucht ein anderes Verständnis von Entscheidungen – eines, das Unsicherheit nicht verdrängt, sondern integriert.
Was Unsicherheit wirklich bedeutet
Unsicherheit ist nicht einfach ein Mangel an Information. Sie ist ein systemisches Merkmal dynamischer Systeme. In Märkten, Organisationen, gesellschaftlichen Umbrüchen zeigt sich: Die Zukunft ist nicht vorhersehbar, sondern entsteht durch Handeln, Rückkopplung, Lernen.
Trotzdem erwarten viele Organisationen noch immer belastbare Pläne, verlässliche KPIs, eindeutige Business Cases. Doch diese Sicherheit ist oft eine Illusion. Wer sie einfordert, bekommt nicht bessere Entscheidungen, sondern angepasste.
Neue Entscheidungslogiken
Entscheidungen unter Unsicherheit brauchen einen Perspektivwechsel. Statt "Was ist richtig?" geht es um Fragen wie:
- Was ist ein sinnvoller nächster Schritt?
- Was kann ich mit vertretbarem Risiko ausprobieren?
- Was lernen wir daraus – unabhängig vom Ergebnis?
Methoden wie "Safe-to-fail Experimente", "Pre-Mortem Analysen" oder "Hypothesen-basiertes Arbeiten" helfen, Entscheidungsprozesse unter Unsicherheit zu gestalten. Sie fördern Geschwindigkeit, Lernfähigkeit und Verantwortung – nicht durch Kontrolle, sondern durch Reflexion.
Anschluss an die Transformation Discovery Map
Die Fähigkeit, in Unsicherheit zu entscheiden, ist zentral für mehrere Dimensionen der Discovery Map:
- In Adaptive Innovation ermöglicht sie iteratives Vorgehen ohne Innovations-Show.
- In Reaktionsfähiger Strategie schafft sie Beweglichkeit statt Planstarre.
- In Systemwirksamer Führung erlaubt sie Orientierung ohne Pseudo-Sicherheit.
Oft ist die wichtigste Entscheidung: die Entscheidung zum Experiment. Nicht alles muss entschieden werden, aber vieles will angestoßen werden.
Was Organisationen blockiert
Es sind nicht die Systeme, sondern die Denkmuster, die uns an klaren Entscheidungen hindern. Der Wunsch nach Gewissheit. Der Reflex, alles absichern zu wollen. Die Angst, einen Fehler zu machen.
Doch wer Entscheidungen aufschiebt, weil er sie perfekt treffen will, trifft gar keine. Und wer auf vollständige Information wartet, entscheidet immer zu spät. Führung in dynamischen Zeiten heißt, den Mut zur Unschärfe zu haben.
Fazit: Entscheiden heißt, Verantwortung zu übernehmen
Nicht wissen, sondern handeln. Nicht absichern, sondern lernen. Nicht vermeiden, sondern führen. Entscheidungen unter Unsicherheit sind keine Schwäche, sondern der Normalfall in komplexen Systemen. Wer das akzeptiert, kann neue Spielräume eröffnen – für sich, für Teams, für die Organisation.
Zum Nachdenken: Welche Entscheidung schiebst du gerade vor dir her – und was wäre ein erster vertretbarer Schritt?